Sinnloses Rumgevögel
Wir haben noch gar nicht Mai, noch ist’s April, und doch: der Horror-Vogel ist wieder da. Er lebt jeden Sommer in meinem Garten, und er kreischt, was das Zeug hält. Keine Ahnung, was für einer das ist – man sieht ihn nie, man hört ihn nur.
Genau wie die Tauben: verkacken mir den gesamten Dachstuhl und gurren enervierend im Belüftungsloch unterm Dach. Das trieb schon im vergangenen Jahr ungeahnte Blüten der Kreativität meinerseits: eine der Belüftungsöffnungen habe ich kurzerhand mit Styropor verstopft. Und mich dann diebisch gefreut, wenn die Viecher angeflogen kamen und irritiert um die Öffnung herumflatterten, in die sie nun einfach nicht mehr hineinpassten. Mein wahrer Kumpel war „der Specht[tm]“; in Ermangelung eines passenderen Namens werden die Tierchen nach ihrer Art benannt und dann, ganz wie es im römischen Reich Sitte und Brauch in Sachen Namensgebung war, durchnumeriert. „Specht 2“ beklopfte in jedem Jahr den selben Baum, doch seit dem Jahr 2010 tut er das nicht mehr: Herr Nerd hat sich mit seinen ganzen zensiert Kilogramm Lebendgewicht an den Baum gelehnt, woraufhin dieser einfach umfiel. Zersägt liegt er nun inmitten von Gras und Moos und rottet seiner artgerechten Entsorgung entgegen – der Baum, keine Sorge, nicht der Mann.
In diesem Jahr schon fast als Vogel zu werten: die „Cattenom-Hummeln“. Liegt es wirklich am Atomkraftwerk, oder ist der ungewöhnlich kalte Winter schuld? Die Tierchen sind riesig und fliegen mit wenig Ergonomie, wobei sie erstaunlich baritonal brummen und ständig abzustürzen drohen. Man gewöhnt sich einen vergleichsweise hampeligen Gang-durch-den-Garten an, um bloß keines der gestreiften Ungeheuer platt zu treten. Faszinierend in jedem Fall: die Eule. Nachdem ich sie schon vermisst melden wollte, habe ich sie heute lautlos übers Gelände segeln sehen. Eulen mag ich, auch wenn sie manchmal schaurige Laute machen. Und Eier legen, die sie dann unter meinem Dach vergessen (und ein Dachdecker kniet sich bei seiner Arbeit in ein mindestens fünf Jahre altes Eulen-Ei und entwickelt anschließend einen regelrechten Waschzwang, aber das ist eine andere Geschichte).
Und Fledermäuse, hurra! Die sind niedlich. Spielen „Fangen“ rund um die Straßenlaterne und sausen dann faszinierend zielsicher durch die Belüftungsöffnungen (die, die nicht verstopft wurden, da sie ohnehin nicht von dicken Tauben okkupiert sind) wieder zurück in die Scheune. Einen weiteren alten Bekannten habe ich begrüßt: auch der Igel watschelt wieder umher. Er ist sehr wohlgenährt, und ich bilde mir ein, er wird langsam grau unter seinem Stachelkleid, so lange spaziert er schon hier herum. Er bildet sich nach wie vor ein, er sei ein Chamäleon, und versucht sich, als Bruchstein getarnt, in dem Loch in der Mauer zu verstecken. Ich habe ihn immer in dem Glauben gelassen, ich würde ihn nicht sehen – sicher muss er sich jetzt, da die gesamte Bruchsteinmauer eingerissen wurde, in Igel-psychiatrische Behandlung begeben.
„Lurchi“ habe ich ebenfalls schon begrüßt: mit leuchtend-orangefarbenem Bauch robbte er durch das Gestrüpp, das ich mittels Harke aus dem Gartenteich entfernt hatte, und – Ehrensache – ich klaubte ihn aus seinem Schilf-Gefängnis und setzte ihn zurück in sein nasses Domizil, das hernach auch noch mit schönem frischem Wasser aufgefüllt wurde.
Hurra, der Frühling ist da!
Hintergrundbild: 2560x 1920px, Bild genauer anschauen – © Marianne Spiller – Alle Rechte vorbehalten