In der Pavillonstraße...
In der Pavillonstraße nahm meine unsägliche IT-Karriere ihren Anfang – in Form eines Praktikums und als Vorbereitung auf das vor mir liegende Studium.
Nach nicht ganz, aber fast 10 Jahren bin ich nun wieder in eben jener Pavillonstraße gelandet, zwar 20 Hausnummern weiter links – und doch. Die Mittagspause ist nutzbar, mal eben in die Innenstadt zu flitzen, sich was zu futtern zu kaufen, zur Post zu gehen – überhaupt zu gehen. Die Bewegung tut gut, und es ist schön, nicht mehr so isoliert von der Außenwelt zu sitzen; in dieser Hinsicht waren weder die Gegend um den Zweibrücker Flughafen noch der Campus in Saarbrücken ein Gewinn.
Fast 10 Jahre älter bin ich als damals, und manchmal, wenn ich in der Mittagspause durch die altbekannten Ecken schlendere, werde ich vergleichsweise melancholisch. Wie hoch waren meine Ziele, wie motiviert war ich, wie hoffnungsfroh. „Naiv“, wie ich es heute nennen würde – vielleicht bin ich da aber auch etwas hart gegen mich selbst.
Damals war ich glücklicher Fiat-Panda-Besitzer, und obwohl der Anlasser des Wagens sehr kunstvoll mit Kabelbindern und Kontaktspray gewartet wurde brauchte die Kiste meist eine Viertelstunde, bis sie endlich ansprang – was hat der Chef darüber gelacht! Hinter der Häuserreihe ist in einem mit Kies gefüllten Rechteck eine Kinderschaukel – auf der saß ich immer, wenn ich morgens zu früh an war, einen Schlüssel zu den heiligen Hallen hatte ich nämlich nicht.
Ein Chef, ein Techniker, ein Azubi, eine Praktikantin. Die Stimmung war meist sehr gut – wir hatten viel zu lachen. Haben Windows95-CDs exorziert (bis der Chef dazukam, der fand das nicht ganz so witzig). Zu dritt auf der einzigen Treppenstufe hinterm Haus gesessen, ich in der Mitte – festgequetscht wie der Korken in der Flasche, so dass wir nicht hochkamen als das „elektronische Würgehalsband“ plötzlich zu klingeln anfing. Auf der Festplatte des Werkstattrechners war nur ein einziges MP3 – „Gone ‘til November“ von Wyclef Jean, und ich spielte es so lange in Endlosschleife, bis ich nie wieder Kontoauszüge sortieren musste.
Der Techniker und der Azubi waren irgendwie süchtig nach Merguez („Aber nur die von der Bratwurstbude an der Ecke!&Laquo;), und der ständig übermüdete Azubi neigte dazu, beim Drucker-Reinigen mit dem Kopf im Toner einzuschlafen; wir hatten bald schon Übung darin, dass ich die Drucker weiter putzte, ohne ihn zu wecken, ihn aber innerhalb von Sekunden weckte, wenn der Chef im Anmarsch war. Sie fanden mich lustig, weil ich so klein und leicht war, und setzten mich auf Bürostühle und rollten mich durchs Ladenlokal – sogar die Stufe runter und auf den Hof hinaus. Während der eine auf dem Rücksitz schlief und der andere sich bangevoll an der Beifahrertür festkrallte, steuerte ich den Firmenwagen zu Vor-Ort-Einsätzen, und wir hörten „The Cure“ und sangen mit.
Lange her, lang vorbei.
Die Firma ist nicht mehr, in den Räumlichkeiten ist jetzt ganz etwas anderes; und doch, wenn ich an der Eingangstür vorbeigehe, schaue ich immer kurz hinein. Und denke nach.
Hintergrundbild: Bild genauer anschauen – © Marianne Spiller – Alle Rechte vorbehalten