Kamerad oder Spielzeug - Gesunde Geisteskost
Hier nun das Kapitel „Gesunde Geisteskost“ aus der Informationsbroschüre „Kamerad oder Spielzeug?“. Die übrigen Kapitel findest du hier.
Unsere Parole soll sein: „In unser Haus und in die Hände unserer Kinder kommt um keinen Preis die sogenannte Schundliteratur herein.“ Aber die Jungens haben nicht umsonst die Kunst des Lesens erlernt, und ihre Einbildungskraft verlangt nach Nahrung, nach gesunder, zuträglicher Kost. Sie wollen lesen und sie sollen lesen, weil das Lesen ein sehr wichtiges Erziehungsmittel ist. Aber was geben wir ihnen denn in die Hände? Ich denke, solche Bücher, welche ihre Einbildungskraft mächtig anregen, ohne sie krankhaft zu überspannen, welche ihre Tatkraft spornen und ihre Blicke auf ein hohes Zukunftsziel hinlenken, aber auf ein solches Zukunftsziel, das auch ihnen nicht ganz unerreichbar ist. In den Büchern für die Jugend müssen Menschen vorkommen, nicht schmachtende, süßliche Menschen, sondern starke, wollende Menschen; Menschen voll Kraft, voll Zähigkeit und Ausdauer; edle Menschen, hilfsbereite Menschen, echt christliche Menschen, die das Gute, das Große wollen. Auch leidenschaftliche Menschen dürfen es sein, wenn nur recht geschildert und dargestellt wird, wie sie aus dem Banne niedriger Leidenschaft sich durch die Tatkraft freigemacht, wie sie ihre großen Leidenschaften veredelt und geadelt haben oder auch, wie in der ungezügelten Leidenschaft der Grund der Zerstörung liegt von eigenem Glück und fremdem Glück.
Darf in solchen Büchern auch schon von Liebe erzählt werden? Aber ganz gewiss. Die erwachende Liebe ist ja eine Förderin edler Tatkraft und tüchtigen Strebens. Bloß in der richtigen Weise muss davon die Rede sein; dass nämlich die Liebe etwas Großes, etwas Heiliges ist, ein Preis, den man sich erringen muss, wie die alten Ritter sich durch Heldentaten den Frauendank errangen. Und auch euren Schwestern dürft ihr kein Buch in die Hände geben, in dem mit Liebe getändelt und backfischartig geschwärmt wird, wohl aber ein Buch, in dem die Treue der Liebe recht geschildert ist; dass sie nicht meinen, es sei Seligkeit und rechte Liebe, wenn so ein junges Ding mit sechzehn Jahren sich einen Freiersmann anschafft und des Sonntags mit dem herumzieht durch die Wirtschaften, sondern recht zur Einsicht kommt, dass die große, heilige Liebe sich still und ernst vorbereitet, dem anderen ein ganzes Leben lang zu genügen und ihm das Leben glücklich zu machen. Darum können mir auch jene Bücher nicht gefallen, in denen eines schönen Tages ein Prinz oder ein Millionär das arme Mädchen geheiratet hat. So etwas kommt nämlich im Leben fast niemals vor, und hinterher könnte sich ein Mädchen in den Kopf setzen, es wollte auf den Prinzen oder den Millionär warten, und wenn ein braver Arbeitsmann kommt, diesen und sein eigen Glück vor den Kopf stoßen.
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