Das rote Kleid
Ich bin nach wie vor im Rückstand, was das Schreiben von DIY-Artikeln angeht. Heute reiche ich einen nach, um den schon häufiger gebeten wurde: den zum „roten Kleid™“.
Das Projekt
- Projektzeitraum: Mai/ Juni 2023
- Schnittmuster: „Marilyn Dress“ aus der Schnittmustersammlung „Vintage Dreaming“ von „Sew Over It (SOI)“ als Bluse und Rock (letzterer in Version 5)
- genähte Größe: 16
- Schnitt modifiziert: nein, würde ich nächstes Mal aber tun
- Stoffe: da es sich um ein Probestück handelte: unbehandelter Nessel im 5m-Ballen von Buttinette, 150g/m², 100% Baumwolle
- Farbe: Simplicol -expert- Kirschrot 1704 – mindestens zwei davon, vielleicht waren es sogar drei
Die Umsetzung
Eigentlich wollte ich mich der Aktion Rotes Kleid anschließen, so der ursprüngliche Plan. Was initial daran scheiterte, dass mir kein Schnittmuster gut genug war 😇 „Marilyn Dress“ war dann jedoch sofort nach Entdeckung ein Fall von „habenmuss“ (auch wenn ich bei £35.00 erstmal geschluckt hab, aber es sind ja auch mehrere Schnitte und Größen). Für Größenermittlung und Beschaffung des Materials habe ich mir Zeit gelassen, um keine unnötigen Fehler zu machen: Körpermaße und die des fertigen Kleidungsstücks gibt SOI nämlich in Inches an, die benötigte Stoffmenge in Metern, die benötigten Einlagen in Zentimetern und den Reißverschluss wieder in Inches.
Nähen ließ es sich extrem gut: die englische Anleitung ist detailliert und schematisch bebildert, allerdings nichts für Feiglinge – gerade der Kragen muss schon sehr sauber gearbeitet werden. Meine Kombination von Stoff und Einlage stellte sich als etwas zu steif heraus, da bin ich nächstes Mal klüger. Genäht habe ich mit rotem Faden: so konnte ich so die Nähte auf dem ungefärbten Nessel leichter kontrollieren. Aber es war halt auch von Anfang an klar, dass ich das fertige Machwerk rot einfärben wollen würde – und Polyestergarn lässt sich nicht färben. Hilfslinien & Co. sind auf Nessel natürlich ebenfalls richtig gut sichtbar. Ich könnte mir vorstellen, dass eine finale Version aus weniger hellem Stoff schon auch schwieriger zu nähen sein wird.
Der Rock war überwiegend Fleißarbeit – große Schnitteile, endlos lange Nähte, bisschen Gefummel mit den Taschen. Aber das ging flott und er saß gut, da würde ich in Zukunft nicht vom Schnittmuster abweichen wollen. Das Oberteil hatte ich ebenfalls ohne weitere Anpassungen nach Anleitung genäht (Oh! So viele Abnäher!). Und es sitzt gut, so lange ich mich nicht übermäßig bewege; da ich das aber durchaus manchmal tue, ist mir der Ausschnitt dann doch ein bisschen zu tief, das Ganze ein bisschen zu kurz. Es geht, aber nur mit einer im Ausschnitt versteckten Sicherheitsnadel – und das ist ja genau das, wovon ich weg will. Trotz grundsätzlich sehr guter Passform des Schnittmusters hätte dem Machwerk eine FBA nicht geschadet. Und vielleicht würde ich der Bluse in der Länge drei zusätzliche Zentimeter spendieren. Es läuft also auf ein weiteres Probestück heraus – aber auch darauf, sich an körperbetontere Kleidung zu gewöhnen. Einfach weil’s geht, wenn man sie ordentlich anpasst.
Gefärbt habe nach Anleitung in der Waschmaschine. Auch wenn ich da so meine Bedenken hatte – wer will schon die gesamte nachfolgende Wäsche verfärbt sehen? Aber es funktioniert tatsächlich wie vom Hersteller angegeben, ich war entzückt.
Nessel trägt sich wirklich angenehm! Das ist definitiv kein Probestück für die Tonne. Und doch – getragen hab ich das Kleid bislang erst genau einmal. Und ich hatte auch keine Lust, den versprochenen Artikel dazu zu verfassen. Schon überm Nähen hatte ich bemerkt, dass ich mich mehr und mehr von dem Projekt entfernte. Damals wusste ich nicht recht, warum, inzwischen weiß ich: es lag an dem kaum übersehbaren (potentiellen) Rotton. Denn schon im Mai begann mein Leben signifikant an Farbe zu verlieren – das hat sich mit der Signalwirkung dieses Kleides massiv gebissen. Ich bin kein Verfechter von indoktrinierter „Trauerkleidung“ – aber gut ist, was sich gut anfühlt. Und in den letzten Monaten fühlten Farben sich nicht gut an.
Überm Schreiben des Artikels erinnerte ich mich an Meike, die uns immer zu mehr „Tragefotos“ inspiriert (und neulich sogar einen Vortrag zum Thema „Schöne Fotos“ ins Leben gerufen hat). Ich wollte die Möglichkeit mal nicht auf Anhieb ausschließen, suchte Bluse und Rock heraus, und was soll ich sagen… auf Tragefotos müsst ihr verzichten. Während die Bluse noch einigermaßen okayish ist – ich könnte sie vermutlich gut zu Jeans kombinieren – kann ich den Rock über die Hüfte ausziehen, ohne ihn zu öffnen. Und uff… damit hatte ich nicht gerechnet; offenbar auch ein Resultat des letzten Jahres.
Aber gut – für ein Outfit dieser Art ist es ohnehin noch zu kalt. Und die Zeit für solche Farben ist auch noch nicht wieder da. Aber sie wird wieder kommen, das weiß ich jetzt.
Und ich freu mich schon drauf.
Hintergrundbild: 1500x 1125px, Bild genauer anschauen – © Marianne Spiller – Alle Rechte vorbehalten