Alsuna
Selbst eine Drohne zu besitzen – das ist etwas, das ich für mich eigentlich immer kategorisch ausgeschlossen hatte.
Mein liebster Freund Pascal hat sich vor einigen Jahren eine Drohne angeschafft, und ich liebte es, wenn er das Ding mit auf unsere Touren nahm. Es faszinierte mich, wenn er sie so souverän steuerte; wenn sie mit diesem DJI-Chime startete, mit diesem unverkennbaren Sound in die Höhe schoss. Üblicherweise fotografierte ich mir den Hintern ab, Weitwinkel hier, Belichtungszeit da, und dann kam er mit der Drohne und machte ein Luftbild – so perfekt, so umfassend, so großartig, dass ich augenrollend das Mitschleppen meines Equipments in Frage stellte. Denn egal, was ich machte: seine Fotos waren, allein aufgrund der Perspektiven schon, für mich die besseren.
Eine Drohne, ich? Niemals!
Und natürlich stellte sich mir häufiger die Frage: will ich das nicht auch? Ich habe sie immer verneint. Zu groß erschien mir der technische Overhead, zu kompliziert die kruden Bestimmungen. Und dann ist da nicht zuletzt der finanzielle Faktor: eine gute Drohne kostet richtig viel Geld. Das geht bei der Anschaffung selbst schon los, geht aber über Zubehör, Versicherung & Co. gnadenlos weiter.
Oder: doch?!
Doch die letzten Monate haben, auch diesbezüglich, so ziemlich alles auf den Kopf gestellt. Es ging alles sehr schnell, ich wurde sozusagen hineingeschubst. Und ohne groß auf die Einzelheiten einzugehen: nun bin ich also Drohnen-Pilotin.
Ich besitze eine ganz wunder-wunderbare DJI Mavic 3 Classic RC: alsuna
. Mit ihren 895g hat sie schon ein gewisses Gewicht, wenn man sie so mit sich herumschleppt. Es dauerte eine ganze Weile, mich einzulesen; den rechtlich erforderlichen Rahmen zu schaffen, um überhaupt starten zu dürfen. Das hat beschäftigt und abgelenkt – in einer Zeit, in der beides bitter nötig war (und weiterhin ist). Die Akku-Laufzeit gibt DJI unter optimalen Bedingungen mit ~46min an, was für diese Kampfklasse schon ziemlich viel ist. Und da ich das „Fly More Set“ hinzugenommen habe, besitze ich insgesamt drei Akkus – damit kommt man schon ein ganzes Stück weit 😎
Die Hasselblad-Kamera ist der Wahnsinn: 3/4 CMOS und 20MP. Manche Bilder sehen überhaupt nicht aus wie Bilder, sondern vielmehr wie Gemälde. Zumal unter Verwendung eines Polfilters; hier hatte ich auf Amazon bei einem Drittanbieter richtig, richtig Glück und habe für vergleichsweise kleines Geld einen Satz ordentliche Pol- und ND-Filter ergattert.
Für den Controller benutze ich den Gurt meiner Kamera, da der sich blitzschnell umklipsen lässt und ich so unnötige Neuanschaffungen vermeide. Keinesfalls wollte ich das Risiko eingehen, das gute Stück in der Hitze des Gefechts aus Versehen fallen zu lassen! Über Amazon habe ich außerdem Schutzscheiben für den Controller bezogen.
Überwindung
Ich habe vor jedem neuen Stück Technik ein eher unangebrachtes Maß an Respekt. Ich kann mich gut erinnern, dass ich die Anschaffung meines Garmin etrex Legend HCX lange gescheut hatte, denn jeder erzählte mir, wie unfassbar kompliziert und fehleranfällig der Umgang damit sei. Ich kaufte ihn mir, ich erlernte den Umgang damit, ich habe ihn jahrelang genutzt und erlebte nie erwähnenswerte Probleme, geschweige denn Gefahrensituationen. Und dennoch ereilt mich das flaue Gefühl immer wieder – in erster Linie bei kostspieligen Anschaffungen mit hohem Funktionsumfang. Bei der Nähmaschine, beispielsweise. Der Overlock. Der Spiegelreflexkamera.
All jene unterscheidet jedoch ein ganz wichtiger Aspekt von alsuna
: auch bei grober Fehlbedienung ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie mir auf den Kopf fallen, eher gering. Beim Drohnenflug ist „Absturz“ jedoch kein überzogener Begriff, wie wir ihn aus der Betriebssystem-Welt kennen: hier ist „Absturz“ ganz und gar wörtlich zu verstehen. Und er könnte weitreichende Folgen haben – sehr viel weitreichendere noch als lediglich die Zerstörung des Geräts an sich. Aber alsuna
ist viel mehr für mich als ein technisches, beliebig austauschbares Gerät. Ich hänge extrem daran, und schon der Gedanke, sie aus Versehen kaputt zu machen, erzeugt völlige Panik1.
Dass sie mit all dem emotionalen Ballast überhaupt abzuheben in der Lage ist, wundert mich immer wieder. Doch sie schafft es – und ich schaffe es auch. Unter Pascals Anleitung hatte ich eine regelrechte Drohnen-Flugstunde2. Langsam, ganz langsam, allein und möglichst ohne Zuschauer taste ich mich nun heran; lese, übe, probiere. Werde mutiger. Höre auf, wenn ich merke, dass ich nervös werde. In meinem Tempo. Halte mich dabei meilenweit fern von allen, die mir erklären „dass ich einfach nur“ und „dass ich anders besser“. Denn wisst ihr was? Ich hab den Umgang mit dieser großen Nähmaschine schrittweise erlernt – und ich hole mehr aus dem Ding heraus, als so manch andere es tun. Ich bin unter Nutzung des Garmin nie in einen Fluss gefahren, und die Spiegelreflex hat einst zu einer gemeinsame Ausstellung mit Pascal geführt. Irgendwann wird mir auch die Handhabung von alsuna
im Halbschlaf gelingen. Und ich hab schon sooo viele Ideen…
Ausblick – im ganz wörtlichen Sinne
Mir ist klar, dass da viele, viele andere Aspekte zum Tragen kommen werden3: Videoschnitt, zum Beispiel, und in besserer Qualität als das da oben… Oder das Thema „Backups“, das ich erneut überarbeiten muss. Dass ich mich draußen im Prinzip nicht ohne Sonnenbrille aufhalten kann – die „polarisierte Polaroid“ in Verbindung mit dem Controller allerdings keinen Spaßfaktor darstellt.
Die Zeit wird es zeigen. Vielleicht werde ich total selbstsicher im Umgang und produziere irgendwann die schärfsten FPV-Videos im Sport-Modus, zwischen Wipfeln hindurch und knapp über Baumkronen hinweg. Vielleicht lasse ich das mit dem Filmen ganz und konzentriere mich auf die Fotografie. Ich hab keine Ahnung, wohin diese Reise mich führen wird – doch die Neugierde darauf reißt mich immer wieder kurz – und hoffentlich irgendwann auch länger – aus der schweren und umfassenden Lethargie, die mich seit Wochen fest im Griff hat, dem Gefühl der Sinnlosigkeit auf allen Ebenen.
alsuna
als meine Verbindung zwischen Himmel und Erde. Und dazwischen gibt es so viel zu entdecken…
Und das nicht anlasslos: der erste Flug wäre aufgrund des klugen Eingreifens der DJI-Logik fast zum Desaster geworden. ↩︎
Vielen Dank an dieser Stelle nochmal! Ohne dich hätte ich mich das alles nicht getraut – und trotzdem einen Herzinfarkt erlitten. ↩︎
Das war ja auch einer der Punkte, der mich jahrelang erfolgreich von dem Thema ferngehalten hat 😇 ↩︎
Hintergrundbild: DJI Mavic 3 Classic parkt auf dem Boden meines Arbeitszimmers, 1500x 1000px, Bild genauer anschauen – © Marianne Spiller – Alle Rechte vorbehalten
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